Im Beitrag Reha – Segen oder Gefahr habe ich im Februar über meine Pläne geschrieben, in eine Reha zu gehen. Was ist eigentlich daraus geworden?
Die Kurzversion lautet: Es hat aus Kostengründen nicht geklappt, und im Nachhinein bin ich darüber heilfroh.
Die Langversion ist natürlich länger …
Also, ich hatte dann die Reha tatsächlich beantragt. Dabei bin ich davon ausgegangen, dass ich als Beamter bestimmt gut abgesichert wäre. Das ist jedoch bei einer Reha tatsächlich nicht der Fall. Eine Reha nach Unfall, OP oder Krebs, die im Anschluss an einen Akutklinik-Aufenthalt verordnet wird, wäre problemlos möglich gewesen. Aber einfach so eine Reha? Da wäre ich auf einem erheblichen Betrag sitzen geblieben (mehrere Tausend Euro). Schon erstaunlich: Der Amtsarzt empfiehlt eine Reha, aber sie wird nicht bezahlt…
So viel Geld war’s mir dann jedenfalls doch nicht wert, zumal ich ja sowieso meine Zweifel hatte, wie viel es mir tatsächlich bringen würde, bzw, ob es mir vielleicht sogar schaden könnte.
Und nun habe ich vor einiger Zeit von einer Long-Covid-Patientin aus der Freiburger Selbsthilfegruppe erfahren, dass für sie die Reha genau in dieser Klinik eine deutliche Verschlechterung ihrer Situation gebracht hat, weil sie sich dort überlastet hat, bzw. weil sie durch das Programm dort überlastet wurde. Also immer noch das alte Problem, dass die Behandler in den Kliniken die Problematik der systemischen Belastungsintoleranz mit der Gefahr der PEM nicht kennen bzw. nicht berücksichtigen. Und das sogar in einer neuen Rehaform extra für Long-Covid. Das ist schon schwer zu begreifen, aber eben doch traurige Realität.
Offenbar muss man sich als Long-Covid- oder ME/CFS-Patient also immer noch aktiv gegen die vorgesehene Behandlung wehren, um nicht geschädigt zu werden. Ich wollte so gerne daran glauben, dass sich das durch Long-Covid bereits geändert hätte…
Insofern bin ich also – bei allem Bedauern für die Leidensgenossin – im Nachhinein froh darüber, dass mich das Wiehern des Amtsschimmels vor dieser Reha bewahrt hat.
PS:
Wer von der Rentenversicherung in eine Reha „gezwungen“ wird, sollte sich sehr genau bei den Selbsthilfegruppen erkundigen, in welche Klinik man gehen kann, ohne dieses Problem zu bekommen. Für den Raum könnt ihr auch mich fragen.
Ich hatte ja auch angenommen, dass Long Covid endlich dafür sorgen würde, dass ME/CFS als real existierende Krankheit ernst genommen wird. Wie sollte man auch Zigtausende Patienten auf einmal in die Psycho-Ecke abschieben können, die alle nach einer Corona-Infektion erkrankt sind?
Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher. Die gleichen Beharrungskräfte sind ungebrochen am Werk: „Entweder wir finden bei den Long Covid-Patienten Virusschäden, oder es ist halt sicher doch psychisch. Die Pandemie war ja anstrengend, da kann man sich schon mal schlapp fühlen.“
ME/CFS scheint an vielen Stellen weiterhin der große weiße Elefant im Raum zu sein, um den mit viel Mühen außenrum geforscht wird.
Geduld und Verständnis stoßen bei mir grade arg an Grenzen. Aber hilft ja nix…
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Es ist schon mehr als erstaunlich was unser Hilfssystem für Blüten treibt. Die einen werden gezwungen, die anderen bekommen keine Reha, wenn sie es wünschen. Und zu guter Letzt ist sie dann noch nicht einmal den Bedürfnissen der Betroffenen angepasst. Man muss sich schon fragen, was eigentlich noch geschehen muss damit verstanden wird wie weit sich unsere Gesellschaft von den eigenen Bedürfnissen entfernt hat. Ich wünsche Dir von Herzen alles Gute, lieber Stefan
Ganz liebe Grüße
Daniela
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